Late-Talker-Projekt

Entwicklungswege bei Late Talkern

Im dritten Lebensjahr durchlaufen Kinder wesentliche Schritte der Sprachentwicklung. In dieser Phase fallen Kinder auf, die Sprache nicht in der mühelosen Art und Weise erwerben, die für den ungestörten Spracherwerb typisch ist. Dies wird u.a. am Ausbleiben des Wortschatzwachstums offensichtlich. Offen ist allerdings, welche Kinder ihre anfängliche Verzögerung überwinden und bei welchen Kindern persistierende Sprachentwicklungsstörungen auftreten. Einige Risikofaktoren, die zum Fortbestehen einer Störung beitragen, sind bekannt, deren Gewichtung ist jedoch bislang unklar.

Das Ziel des Late Talker-Projektes ist es, die Sprachentwicklung von Kindern zwischen zwei und drei Jahren differenziert zu erfassen und damit eine Vergleichsbasis zu schaffen, die eine zuverlässige Einschätzung der sprachlichen Fähigkeiten von Late Talker-Kindern und eine Prognose über die zu erwartende Entwicklung erlaubt. Durch eine intensive Beobachtung sprachauffälliger Kinder im dritten Lebensjahr sollen Erkenntnisse darüber gewonnen werden, wie sich Kinder mit späteren manifesten Störungen von Kindern mit nur anfänglicher Verzögerung differenzieren lassen.

Dazu werden an der Universität Potsdam ungestörte und auffällige Kinder im dritten Lebensjahr längsschnittlich untersucht (Alter 2;2, 2;4, 2;6 und 3;0). Die Datengewinnung erfolgt über eine für Methodenkombination aus Elternbefragung, Test- bzw. Elizitierungsverfahren und Spontansprachanalysen.

Überblick über den Ablauf

Alter Lexikon Grammatik Sonstiges
2;0 Vokabularcheckliste (ELFRA)
2;2 Wortverständnis (Nomen, Verben) Satzverständnis (Satzverstehen aus SETK II, W-Fragen) Anamnese
Spontansprache
2;4 Wortproduktion (Körperteile, Verben)
Begriffsklassifikation
Fast Mapping
Satzverständnis (Ausagieren; W-Fragen) Spontansprache
2;6 Wortverständnis (Nomen, Verben, Wdh)
Wortproduktion (Nomen, Verben)
Satzverständnis (Subtest SETK II, Wdh)
Satzproduktion (Situationsbilder)
Spontansprache
Beratung und Prognose, Empfehlung bezüglich Therapiebeginn
3;0 Wortproduktion (Adjektive, Präpositionen)
Fast Mapping
Satzverständnis (Satz-Bild-Zuordnung mit Topikalisierungen)
Produktion von Artikeln
Satzproduktion (Situationsbilder)
Spontansprache

Die Ergebnisse der ungestörten Kinder erlauben Schlussfolgerungen über Entwicklungsverläufe und Entwicklungszusammenhänge im normalen Spracherwerb. Außerdem dienen sie als Vergleichsbasis für die Einschätzung der Late Talker. Zeigen diese bis zum Alter von zweieinhalb Jahren keine eindeutige Aufholtendenz, wird eine sprachspezifische und symptomorientierte Intervention empfohlen und umgesetzt.

Das Therapiekonzept (siehe auch Kauschke 2006 im „Leitfaden“) ist individuell ausgerichtet und konzentriert sich anfangs auf den Aufbau eines ausreichenden und differenzierten Vokabulars für verschiedene Wortarten und auf den Einstieg in die Syntax durch Produktion von Wortkombinationen. Später stehen das Erkennen von sprachlichen Kategorien und die Erweiterung syntaktischer Strukturen im Vordergrund. Auch in der Frühintervention gilt das Prinzip der Methodenvielfalt, das im patholinguistischen Ansatz vertreten wird (vgl. Siegmüller & Kauschke 2006). Aufgrund der eingeschränkten expressiven Fähigkeiten der Late Talker wird jedoch anfangs auf intensive Inputspezifizierung Wert gelegt. Die Therapieverläufe werden dokumentiert und evaluiert, so dass die weitere Entwicklung der Late Talker verfolgt und die Effektivität der Intervention überprüft werden kann.

Studentische Hilfskräfte im Late Talker-Projekt:
Antje Richter
Manuela Koch

Ergebnisse des Late-Talker Projekts sind nachzulesen unter:
http://opus.kobv.de/ubp/volltexte/2008/1890/

Anschrift
Prof. Dr. Christina Kauschke
Philipps-Universität Marburg
Institut für Germanistische Sprachwissenschaft
Pilgrimstein 16
D-35032 Marburg